Neues aus Guinea

Sonntagnachmittag, 28°C, ich sitze am Tisch auf der Terasse und bin froh, wieder gesund zu sein. Am Freitag war ich am Blogartikel verfassen, doch bevor ich ihn beenden konnte, suchte mich eine (nicht allzu heftige) Magendarm-Erkrankung heim, die ich mittlerweile überstanden habe. So begann ich am Freitag folgenden Artikel zu schreiben:



Freitagnachmittag, 30°C, wir chillen im Garten mit einigen Jungen, die Ataya machen. Das ist Grüntee, der auf spezielle Art und Weise hergestellt wird: im Kohleöfeli wird die Teemischung erhitzt, dann wird sie hin und her geschüttet was das Zeug hält, bis man mehr Schaum als Tee hat, und bei manchen Versionen wird Ataya mit darin aufgelöstem Biscuit, Vache-qui-rit-Schmelzkäse, Milchpulver und viel Zucker serviert.






Währenddessen das Ataya-Ritual stattfindet, bei dem vor allem rumgehängt wird, berichte ich euch ein wenig aus dem Nähkästchen:
Seit den Ferien sind zwei Wochen vergangen und ich habe am letzten Feriensonntagabend bei jeder Familie angerufen, um allen nochmals in Erinnerung zu rufen, dass der Kindergarten wieder beginnt. So habe ich dem Vater, der Mutter, der Tante, dem grossen Bruder, dem Onkel oder ähnlichem des jeweiligen Kindes angerufen – jeweils der Person, die mir als Kontaktperson angegeben wurde. Sehr überraschenderweise kamen alle bis auf ein Mädchen regelmässig wieder in den Kindergarten. Dieses eine Mädchen war scheinbar noch etwas länger bei seiner Grossmutter in einem Dorf. Man weiss nicht genau, ob man das glauben soll, oder annehmen muss, dass es in dieser Zeit beschnitten wurde. Es wäre nicht das erste Mädchen das ich kenne. Vielleicht widme ich irgendwann mal einen Artikel diesem schwierigen Thema. Jedenfalls ist dieses Mädchen jetzt wieder gekommen und ist wohlauf. Da der Französischwortschatz der Kinder noch sehr klein ist und ihr Ferienprogramm wohl eher alltäglich war, habe einfach ich von den Ferien erzählt und Fotos auf dem Natel gezeigt. Die Kinder hatten ein Riesengaudi, als ich die lustigen Ferienfotos von Leandro, Nicolas und Norina gezeigt habe. Im Gegenzug fragte ich die Kinder aus über ihre Memoryerlebnisse. Stolz erzählten sie, dass sie mit ihren Geschwistern und Eltern gespielt haben und mit Vergnügen berichteten sie von Erfolgen und Niederlagen.

Offensichtlich bereitet es den Guineern Kopfschütteln, dass ich als Weisse, als WEISSE! , nicht mit dem Auto, dem Moto oder zumindest dem Taximoto zur Arbeit fahre. Scheinbar ein Armutszeugnis. Dabei gefällt es mir einfach besser: Man sieht und erlebt mehr und kriegt einfach mehr von Kultur und Alltag mit. Und immer wieder entdecke ich neue, wunderschöne, abenteuerliche Trampelpfade. Ich möchte mit euch Bilder der neusten Arbeitswegversion teilen:





Ich staunte nicht schlecht, als bei meiner dritten Überquerung des Baches plötzlich eine neue „Brücke“ da war. Die übertraf die vorherige qualitativ weitaus. Der alte Baumstamm ragte knapp aus dem Wasser, so dass ich schon mal nasse Zehen mit einer gewissen Bilharzioseangst davontrug…



Eindrücklich finde ich, wie sich das Stadtbild von Tag zu Tag ändert: Gebüschwälder werden abgeholzt oder gebrandrodet, es werden neue Gemüsefelder angelegt, neue Häuser gebaut (sobald der Guineer etwas flüssiges Geld hat, investiert er in ein neues Haus) und Strassen werden geflickt. Da erkennt man manchmal ein Quartier nicht wieder:

vorher
nachher




Fast wehmütig denke ich an den vorherigen, schlechten Strassenzustand. Die damalige Strasse war eine Art Parcours und dadurch eine Begegnungszone: Wo jetzt eine flachgewalzte, breite Strasse ist, die über einen betonierte Bachröhre führt, musste man früher Löcher, Pfützen und Bäche um- oder überhüpfen, was so manch sympathische oder lustige Szene bescherte: Man musste beim Bach einen entgegenkommenden Fussgänger abwarten oder geschickt kreuzen oder man konnte bei ihm abschauen, wie er es anstellte, auf die andere Seite zu gelangen ohne im Schlamm zu versinken. Da gab es so manch misslungene Bachüberquerung und verlorenen Flipflop, der für Lacher sorgte. Jetzt auf der breiten Strasse gibt’s kaum mehr solche Begegnungen. Ausserdem kennen die Auto- und Motofahrer kein Mass und brettern über diese hindernisfreie „Autobahn“. Der einjährige Sohn einer befreundeten Familie, die an dieser Strasse wohnt, wurde von solch einem Raser angefahren und verletzt. Mittlerweile ist er Gott sei Dank wieder geheilt.

Ich freue mich sehr an den tolle Begegnungen, Bekanntschaften und Freundschaften mit Einheimischen, an der Natur und am Leben hier und gleichzeitig fordert mich die Distanz zu euch Daheimgebliebenen heraus. Die Medaille hat zwei Seiten. Deshalb freue ich mich wahnsinnig, bald Besuch von zwei Freundinnen aus der Schweiz zu erhalten!!