Das bisschen Haushalt...

"Gong Gong!"
"C'est qui?"
"C'est moi! Bonsoir Aishatou."
"Ca va?"
"Oui ça va un peu, et toi?"
"Oui ça va..."
"Dieu merci! Je peux brancher mon téléphone?"
"Mais oui..."
"Merci!"
"Oo-ooh"

"Oo-ooh. En django si allah djabi."

Dieses Gespräch ist ein inszeniertes, aber doch ganz alltägliches Szenario, welches ich euch gerne "kulturell übersetze":

"Gong Gong!" Türklingeln sind hier ein Fremdwort. Ebenso wie Fensterscheiben. Warum also Klingeln bauen, wenn man selber Klingel spielen kann und diese erst noch im Innern des Hauses gut hörbar ist. Und sowieso: Wer hält sich schon im Haus auf? Das Haus dient scheinbar mehr als Rückzugsort bei Wolkenbrüchen (was in der Regenzeit - sprich momentan immer noch) regelmässig der Fall ist.



"C'est qui?"

"C'est moi! Bonsoir Aishatou." Es ist zwar erst 13 Uhr, aber ja, bonSOIR! Ach ja... stimmt... sie meint mich! Stelle mich doch seit kurzem als Aishatou Baldé vor - Vor-und Nachnamen, die den Einheimischen geläufiger sind als mein Schweizer Name.

"Ca va?"

"Oui ça va un peu et toi?" Jaja... es geht "ein wenig", weil "gut" wäre ja schon viel zu gut.

"Oui ça va..."

"Dieu merci! Je peux brancher mon téléphone?"  Alle haben Handys, aber nur wenige verfügen im Haus über Steckdosen.

"Mais oui..." Dass wir auf dem Dach Solarpannels haben, ist ja nicht unser Verdienst. Wir teilen gerne mit unserer Nachbarschaft.

"Merci!"

"Oo-ooh" Ich liebe diesen Abschiedsgruss in Pular! Das ist so sympathisch und herzig!

"Oo-ooh. En django si allah djabi." Heisst so viel wie "Tschüss und bis morgen, so Gott will." "So Gott will" ist immer eine gute Antwort. Wie häufig wurde ich schon gefragt, ob ich einen Mann hätte. Auf die Antwort "Nein" folgt immer ein empörtes "wir werden dir hier schon einen finden!" Beste Antwort, um ein plumpes "non, non, c'est bon..." zu verhindern: "si allah djabi".


Genau, richtig gehört: Wir haben Strom im Haus, wir haben einen Gasherd, wir haben fliessendes Wasser.
Aber: Strom nur solange die Sonne scheint. Fliessendes Wasser nur kalt und nicht ganz sauber. So muss es vor der Verwendung gefiltert werden. Und trotz der Hitze muss man sich für eine kalte Dusche schon etwas überwinden.

Wir haben eine Haushaltshilfe, die uns gegen Entlöhnung die Böden zweimal pro Woche wischt und aufzieht und uns die Wäsche wischt.
Aber: Wir bereiten alles vor: Waschbecken füllen mit der Wasserpumpe, Waschbrett und Schrubbürste bereitstellen etc. Wenn dann die Wäsche einmal hängt, ist es gut möglich, dass fünf Minuten später, völlig unvorhersehbar, ein Platzregen kommt und einen zwingt, alles wieder abzunehmen, nur um es dann wenig später wieder aufzuhängen. Das kann einige Tage so dauern...

 


Auf dem Markt gibt es leckere Bananen, Zitronen, Auberginen, Tomaten, Gurken, Kartoffeln und Süsskartoffeln.
Aber: Es gibt keine Milch. Milch muss immer schön mit Milchpulver angerührt werden. Tomaten und Gurken werden in Javelwasser eingelegt und dann abgewaschen. Mehl wird 24h in das Tiefkühlfach gestellt, damit die Eier vom Ungeziefer absterben, danach wird das Mehl gesiebt. Joghurt wird selber hergestellt. Okay, all diese so verwendete Zeit wird wieder wettgemacht durch die Zeit, die ich vor dem Joghurtregal in der Migros stand, um das richtige Aprikosenjoghurt zu finden... Dieses Problem gibts hier nicht... Dafür den Markt: Anfänglich die pure Überforderung: Die X-verschiedenen Begrüssungsfloskeln, die es in dieser Sprache und Kultur gibt. Das Wechselspiel zwischen Pular und Französisch. Die Zahlen auf Französisch und erst noch das französiche Französisch (quatre-vingt-dix-huit für 98; warum einfach, wenns auch kompliziert geht...!?), die man dafür sattelfest kennen muss. Die grossen Beträge, mit denen man jonglieren muss, da 1 Euro 10'000 GNF entspricht. Die Entscheidung, welchem der zehn Verkäufer, die Auberginen anbieten, man zum Absatz verhilft. Preise, die nicht einheitlich sind und bei denen man als Neuankömmling und Weisse nie genau weiss, ob der Verkäufer einen Profit aus diesem naiven Käufer schlagen will. Um Stereotype zu verhindern: In der Schweiz wie in Guinea gibt es Menschen, die aus gewissen Situationen Profit schlagen wollen und solche, die fair und korrekt handeln...
Ihr seht: Der Markt stellt für mich die grösste Herausforderung dar.



Dann gibt es da noch die ganz kleinen Dinge, die lächerlich klingen mögen, die aber in ihrer Summe nervaufreibend sein können:
Ein Tor mit gefühlten sieben Verriegelungssystemen und überall verrostete Vorhängeschlösser, die klemmen wie blöd. Kakerlaken in der Küche, Frösche im Wohnzimmer. Ratten auf dem Dach, die einem den Schlaf rauben. Abgestürzte Mäuse im Badzimmer.








Jetzt hab ich viel von den Widrigkeiten geschrieben. Zu viel. Weil wisst ihr was? Es geht mir gut! Ich bin dankbar und glücklich, darf ich hier sein und viel lernen. Und da gehören Herausforderungen dazu... Ich wiederhole es gerne nochmals: Was dich nicht umbringt, macht dich stärker.

Und wer jetzt noch Mumm hat, der möge eintreten. Ich gewähre euch gerne Einblick in unser Zuhause:









Awa... Oo-ooh! Bonne semaine à tous!