Schön.
Was ist schön? Palmen, Blumen, blauer Himmel? Afrikanischer
Lebenstil? Frische Avocados vom Markt? Blühende Mangobäume, wohin man schaut?
Afrikanische Kleider? Körperfülle? Ich hab alles. Und alles ist eine Frage des Geschmacks des Betrachters. Die ersten aufgezählten Punkte erfüllen mein
Herz mit Freude und Dankbarkeit. Der typische Guineer hingegen schenkt diesen Dingen kaum besondere Aufmerksamkeit und Wertschätzung. Sie sind selbstverständlich. Umgekehrt ists jedoch um Letzteres bestellt, welches mir zu schaffen macht. Dieser letzte Punkt erwies sich in Kombination mit dem zweitletzten Punkt ziemlich
bald als Herausforderung, mit der ich mich hier besonders konfrontiert sehe:
Der durchschnittliche Guineer empfindet es als schön, wenn man etwas auf den
Hüften hat. Entsprechend bekomme ich nicht selten zu hören, dass ich
ach-so-grosse Hüften habe oder auch einfach, dass ich dick sei - natürlich
stets mit einem Hauch von Bewunderung. Was für mich persönlich an der nicht
unbedingt positiv empfundenen Realität nicht viel ändert. Die kulturell
bedingte Indiskretion kann ich mal mit Humor nehmen, mal rüttelt sie stärker am
Selbstbild. Dann kommen da noch die gemusterten, unvorteilhaften,
körperbetonten Kleider dazu, die mich zuweilen den Blick in den Spiegel
vermeiden liessen. Mittlerweile habe ich Modelle gefunden, die mir gut gefallen
und mir mehr Vorteil verschaffen.
Ja wirklich, in Guinea lernt
man sich besser - anders - kennen. Es ist eine Lebensschule in praktischer und
in persönlicher Hinsicht.
Für folgenden Abschnitt ist der Titel ironisch zu verstehen:
Letzten Montag legte ich mich mit Übelkeit schlafen und
wachte am nächsten Morgen mit Übelkeit auf. Dieser Zustand wurde nicht besser,
als beim Aufstehen ein kleiner, dicker Wurm vom Moskitonetz neben mir auf den
Boden fiel. Als ich diesen beseitigen wollte, entdeckte ich am Boden einen
zweiten, einen dritten und vierten... elften, zwölften... das darf doch nicht war sein! Jetzt hörts aber dann auf bitte! ... nicht doch: Was sehe ich
da!? Im Moskitonetz nochmals drei, vier, fünf...! Alle sammelte ich sie in einem Eimer und
nahm einen ganz hässlichen Geruch wahr. Mir wurde vom Gestank und
Anblick noch übler. Und je mehr ich mich dem Problem widmete, desto mehr Würmer
fand ich. Es stellte sich heraus, dass diese durch eine Ritze in der Decke vom
Dachboden runterfallen. In meinem risigen Zimmer ausgerechnet auf der Höhe
meines Kopfkissens. Wirklich schön! Nun, was sind das überhaupt für Würmer? Woher kommen die so
plötzlich? Bei einer Inspektion auf dem Dachboden dann des Rätsels
Auflösung: Eine verwesende Maus genau oberhalb meines Bettes. Igitt! Schön,
dass ich davon bis anno dato nichts gerochen habe. Verstopfter Nase sei Dank.
Nun ja, hätte ich sie früher gerochen, hätte ich mich nicht mit den Würmern
rumschlagen müssen, sondern hätte die Maus früher beseitigen können.
Meine Schwester schrieb mir: "Wääää!! Schlimmer gehts ja fast nicht!",
worauf ich ihr antwortete: "Doch, doch, schlimmer geht in Guinea immer." Eine weise
Prophezeiung. Ich sollte recht behalten. Ich wurde mit der Maus gut
vorbereitet. Auf eine Kuh.
Liegt da einfach eine tote Kuh.
Nicht auf dem Dachboden. An meinem Arbeitsweg. Todesursache wohl Altersschwäche
und der Besitzer hats offenbar nicht geschafft, das Tier
rechtzeitig zum Schlachthof zu bringen, um noch schnell etwas Geld aus seinem
verendenden Statussymbol springen zu lassen. Am Mittag, als ich züruckkomme,
ist die Kuh auf ihre halbe Grösse und Dicke geschrumpft, ein paar Geier lecken
sich die Mäuler... ach was... Schnäbel. Es stinkt bis zum Himmel. Nächster Morgen:
Die Kuh wird immer kleiner, der Gestank der Verwesung immer grösser. Jetzt ist
Wochenende und ich hoffe, dass bis am Montag nichts mehr von der Kuh übrig bleibt.
Ich wünsche euch eine Woche
ohne Verwesung, aber mit guter Genesung von winterlichen Erkältungen. A
bientôt!